Von der Artikelanlage bis zur Buchhaltung – die Integration eines Onlineshops in die bestehende Infrastruktur eines Unternehmens betrifft viele Prozesse. Dies ist Grund genug, um sich gut darauf vorzubereiten.
Die folgenden Fragen sollen Ihnen dabei helfen, sich einen guten (ersten) Überblick zu verschaffen, ohne dass Sie eine vollständige Prozessanalyse durchführen müssen.
Welche Software wird für die Warenwirtschaft und die Buchhaltung verwendet?
Die meisten Unternehmen, die zu den bestehenden Vertriebsmodellen einen Onlineshop einführen, haben meistens bereits unterstützende Software im Einsatz. Daher sollten Sie in Erfahrung bringen, welche Software für die Warenwirtschaft verwendet wird. Dort sind wahrscheinlich schon sehr viele Daten vorhanden, die für den Onlineshop benötigt werden.
Zu einem vollständigen Prozess gehört auch die Finanzbuchhaltung dazu. Daher sollten Sie prüfen, welche Software dafür im Einsatz ist. Nicht selten wird die Buchhaltung auch von einem Dienstleister oder Steuerberater übernommen.
Manche Softwarelösungen bieten auch beides in einem Paket an. Dann spricht man eher von einem ERP-System.
Wie werden Artikeldaten verwaltet?
Die Artikeldaten werden in den meisten Unternehmen bereits digital verwaltet, sodass man diesen Datenbestand für die Bestückung des Onlineshops verwenden könnte.
Diese Daten werden häufig in einer Warenwirtschaftssoftware verwaltet oder in einem speziellen PIM (Produktinformationsmanagement ).
Prüfen Sie daher, wo Artikeldaten aktuell aufbewahrt werden. Prüfen Sie auch, ob es Schnittstellen zu dem Onlineshop gibt oder zumindest Export-Möglichkeiten, damit die Artikeldaten nicht manuell in den Onlineshop eingegeben werden müssen.
Mehr Informationen: 3 Wege, um Produktdaten zwischen Wawi und Onlineshop abzugleichen
Sollen Artikeldaten aus der Warenwirtschaft automatisch an den Onlineshop übermittelt werden? [zum Beispiel, weil sie sich häufig ändern oder es sehr viele sind]
Wenn Sie nun häufig Änderungen an den Artikeln vornehmen, sei es beim Preis oder der Beschreibungstexte oder Bilder, dann ist eine automatische Datenübertragung an den Onlineshop eine große Arbeitserleichterung.
Falls Sie unsicher sind, ob es eine automatische Übertragung braucht, können Sie folgendes berechnen:
Wie viel Arbeitszeit wird benötigt, um Änderungen an Artikeln im Onlineshop zu machen, die bereits an anderer Stelle digital vorliegen. Berechnen Sie dann die Kosten für die erwartete Arbeitszeit.
Eine Schnittstellensoftware kostet Sie meistens nur einen Bruchteil der Arbeitszeitkosten. Vor allem dann, wenn Sie einen mittleren Zeitraum (wie ein Jahr) betrachten, lohnt es sich meistens auch schon bei wenigen Änderungen der Daten.
Gibt es eine schon eine digitale Kategoriestruktur, die für das E-Commerce weitergenutzt werden kann?
Im fast allen Onlineshops werden Artikel in Kategorien eingeteilt.
Daher wäre es gut, wenn Sie schon eine Kategoriestruktur haben. Diese kann zum Beispiel in den vorhandenen Produktdaten zu finden sein. Vielleicht wurde mal ein Katalog gedruckt, in dem auch eine Kategorisierung enthalten ist?
Diese Daten lassen sich eventuell weiternutzen. Wenn die Daten strukturiert vorliegen, wie in einer Warenwirtschaftssoftware, können sie in der Regel auch mit einer Schnittstelle übertragen werden.
Gibt es Preisgruppen oder sogar kundenindividuelle Preise in der Warenwirtschaft, die auch im Onlineshop enthalten sein müssen?
Eine der wichtigsten Fragen für die Wahl eines passenden Shop-Systems ist die Preis- und Kundenstruktur.
Viele Onlineshop-Systeme sind für den Verkauf an Privatkunden ausgerichtet. Dadurch gibt es nur wenige Systeme, die komplexe, individuelle Preisstrukturen abbilden können.
Wenn Sie also für einige Kunden individuelle Preise haben, die auch im Onlineshop angezeigt werden sollen, brauchen Sie eventuell ein B2B-Shopsystem.
Preisgruppen (wie Händler, Endkunden, Stammkunden) lassen sich hingegen in den meisten Shopsystemen gut abbilden.
Mehr Informationen dazu erhalten Sie im Artikel: Wann benötigt man eigentlich ein B2B Onlineshop-System (statt B2C)?
Werden Artikel auch auf Marktplätzen (wie Amazon oder ebay) angeboten?
Planen Sie, Ihre Artikel nicht nur im eigenen Shop anzubieten, sondern auch auf Marktplätzen wie Amazon oder ebay?
Dann müssen Sie sich überlegen, ob der Onlineshop als Zentrale für die Verteilung der Daten (Artikeldaten und evtl. Bestellungen) dienen soll, oder ob Sie dafür Ihre Warenwirtschaftssoftware benutzen möchten.
Beide Wege sind möglich und haben jeweils Ihre Vorteile.
Welche Shop-Besucher dürfen welche Preise sehen?
Manchmal kann es sinnvoll sein, nicht gleich jedem Shop-Besucher die Preise anzuzeigen.
Zum Beispiel gibt es oft jenes Modell, bei dem normale Endkundenpreise für jeden Besucher jederzeit sichtbar sind, Händler aber erst nach dem Login die besseren Händlerpreise zu sehen bekommen.
Ein anderes Beispiel ist ein reiner B2B-Shop, bei dem die Produkte grundsätzlich für jeden sichtbar sind. Die Preise werden aber nur nach dem Login mit einem Kundenkonto angezeigt. Damit kann man verhindern, dass die Wettbewerber Preise vergleichen können.
Bestandsampel – wo sind die Lagerbestände gespeichert und wodurch werden Bestände verändert?
Wenn man Handel im Internet treibt, sollte die Ware auch lieferbar sein. Damit der Onlineshop dem Kunden anzeigen kann, ob ein Artikel auch lieferbar ist, muss das Shopsystem den Lagerbestand kennen.
Wenn Sie bereits eine Warenwirtschaftssoftware oder ein ERP-System einsetzen, ist der Lagerbestand sehr wahrscheinlich dort gespeichert. Manchmal gibt es auch Außenlager, die mit spezieller Lagersoftware arbeiten.
Diese Bestände sollten an den Onlineshop übermittelt werden. Der Onlineshop stellt dann, abhängig von den Einstellungen, entweder eine sogenannte Bestandsampel dar oder den absoluten Bestand in Zahlen.
Dazu muss der Lagerbestand regelmäßig an den Onlineshop übertragen werden.
Nun gibt es aber eine Herausforderung zu lösen: Wenn Sie nämlich auch neben dem Onlineshop andere Verkaufskanäle bedienen (wie lokale Ladengeschäfte), kann der tatsächliche Bestand trotz einer Schnittstelle abweichen.
Warum das so ist, habe ich in einem anderen Artikel detailliert beschrieben: Tipps zum Synchronisieren von Lagerbeständen zwischen Online-Shop und Wawi
Was passiert nach der Bestellung durch den Kunden?
Nun wurden die wichtigsten Fragen zu Artikeldaten und Beständen geklärt. Was passiert nun eigentlich, wenn der Kunde eine Bestellung aufgibt?
Normalerweise ist es so, dass nach der Bestellung im Onlineshop eine Benachrichtigung per E-Mail an den Kunden und an Sie gesendet wird.
Aber wollen Sie dann die Bestellung manuell in die Auftragsabwicklungs-Software eingeben?
Wahrscheinlich nicht, denn selbst bei wenigen Bestellungen ist diese Arbeit lästig und fehleranfällig.
Manche Programme unterstützen dafür den Import mit Hilfe von Importdateien oder direkt aus einigen Onlineshop-Systemen. Informieren Sie sich am besten beim Softwarehersteller ihrer Warenwirtschaftssoftware.
Eine andere Möglichkeit ist auch der Einsatz einer spezialisierten Shop-Schnittstelle, die an das Warenwirtschaftssystem und den Onlineshop angepasst sind.
E-Mail-Benachrichtigungen automatisch oder manuell?
Sie kennen es bestimmt auch – wenn Sie eine Bestellung im Onlineshop aufgeben, erhalten Sie eine Reihe von E-Mails, die Sie über den Status der Bestellung informieren.
Dies sind unter anderem:
- Bestellbestätigung
- Auftragsbestätigung
- Änderung des Bestell-Status (z. B. "in Bearbeitung")
- Zahlung eingegangen
- Bestellung versendet (zum Teil auch mit Tracking-Nummer des Paketdienstes)
- Lieferung verzögert sich
- Registrierung des Benutzerkontos
- Gutschriftsbestätigung
- und so weiter
Welches System sendet zu welchem Zeitpunkt E-Mails?
Denken Sie darüber nach, welche dieser E-Mails Sie versenden möchten (manche sind verpflichtend) und aus welchem System sie versendet werden sollen.
Beispiel: Eine Bestellbestätigung wird in der Regel sofort nach der Bestellung automatisch vom Shopsystem versendet. Die Auftragsbestätigung könnte aber automatisch nach Prüfung durch eine Person aus dem Warenwirtschaftssystem oder sogar manuell versendet werden.
Manche Paketdienste bieten zum Beispiel auch den Service an, Versandbestätigungen an Kunden zu senden. Darin ist dann auch gleich die Trackingnummer enthalten.
Überlegen Sie, zu welchem Zeitpunkt bzw. nach welchem “Auslöser” eine Benachrichtigung an den Kunden gesendet werden soll oder sogar muss.
Gibt es bereits Automatisierungen beim Versand (z. B. eine Schnittstelle zum Paketdienst)?
Um den Prozess vollständig zu betrachten, sind neben der Verbindung zwischen Warenwirtschaft und Onlineshop auch noch andere Schnittstellen wichtig.
Zum Beispiel ist es in vielen Fällen sinnvoll, die Versandabwicklung zu automatisieren und die Adressdaten an den Paketdienst zu übertragen, um automatisch Versandaufkleber zu drucken.
Wie kommen die E-Commerce-Rechnungen in die Buchhaltung?
Wenn die Bestellung in Ihrem Warenwirtschaftssystem angekommen ist (ob manuell oder automatisch sei dahingestellt), erstellen Sie darin auch meistens die Rechnung.
Nun ist es eine große Arbeitserleichterung für die Buchhaltung, wenn die Rechnung mit der entsprechenden Kontierung (Kunden- und Sachkonten) automatisch übergeben werden kann. Dies unterstützen die meisten Warenwirtschafts- und Buchhaltungs-Programme von Haus aus.
Wenn Sie aber den E-Commerce-Prozess planen, berücksichtigen Sie am besten auch diesen Teil des Prozesses, damit es nicht so Problemen kommt.
Ein Beispiel erläutere ich als Nächstes…
Was passiert mit offenen Posten in der Buchhaltung, die über Online-Zahlungsanbietern gezahlt worden sind?
Da durch den Einsatz eines Onlineshops sich zum Beispiel auch Zahlungseingänge deutlich verändern (wie über Zahlungsanbieter für Kreditkartenzahlung oder PayPal), überlegen Sie, wie dies funktionieren soll.
Typischerweise (also im Offline-Handel bei Zahlung auf Rechnung) geht eine Rechnung an die Buchhaltung ohne unmittelbar “bezahlt” zu sein. Durch den tatsächlichen Zahlungseingang wie auf einem Bankkonto oder Bar in der Kasse erfolgt die Buchung der Zahlung, wodurch die Rechnung als ausgeglichen gilt.
Online-Bestellungen, die über Zahlungsanbieter gezahlt werden, gelten dagegen meisten sofort als “bezahlt”. In der Buchhaltung läuft diese Zahlung oft erst Tage später auf, da der Zahlungsanbieter Ihnen das Guthaben nur in Intervallen überweist (und dann auch in einem Gesamtbetrag).
Um die einzelnen Zahlungen der Kunden dann zuordnen zu können, stellt der Zahlungsanbieter einen Kontoauszug bereit. Dieser Enthält aber nicht die Rechnungsnummer (die ja zum Zeitpunkt der Bestellung auch nicht bekannt war), sondern nur eine eigens vergebene Transaktionsnummer. Die Transaktionsnummer wiederrum ist nur im Shop zu finden.
Sofern keine Software diesen Prozess direkt unterstützt, ist die Suche nach den passenden Zahlungen und Rechnungsnummern für die Buchhaltung eine Menge Arbeit. Prüfen Sie daher im Vorfeld für jeden geplanten Zahlungsanbieter, wie dieser Prozess aussehen würde.
Mehr dazu unter: Onlineshop, Warenwirtschaft und Finanzbuchhaltung – So arbeiten die Tools perfekt zusammen
Fazit
Die Integration eines Onlineshops in die bestehenden IT-Systeme eines Unternehmens kann sehr facettenreich und herausfordernd sein.
Nutzen Sie die in diesem Artikel genannten Fragestellungen, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen.
Die Liste erhebt zwar keinen Anspruch auf Vollständigkeit, aber wenn Sie diese Fragen durchgehen, ergeben sich automatisch weitere offene Punkte, die sich im Projektverlauf zu einem Gesamtbild zusammenfügen sollten.
Es lohnt sich daher, im Vorfeld alle Prozesse, die mit dem E-Commerce in Berührung kommen, zu betrachten. Dadurch lassen sich negative Überraschungen reduzieren (verhindern kann man sie fast nie vollständig) und das Projekt zum Erfolg führen.